Vorab diese bereits im Sägezahn 2 (Der Kniefall) veröffentlichte GUTE Geschichte. Man will ja nicht als Nörgler und Querulant dastehen.
Gute Geschichte heißt: Es gibt auch serviceorientierte Unternehmen. Nicht viele und leider auch immer weniger.
Unsere Schnappschuss-Kamera CASIO EXILIM hat sehr gut funktioniert, bis vor einiger Zeit einige Bilder immer ein wenig überbelichtet wurden. Nicht immer, aber immer öfter1. Nicht viel, aber immer stärker.
Zweimal stand ich schon vor dem Fotofachgeschäft, hab vor der Eingangstür noch schnell ein Beweisfoto machen wollen und – siehe da – alles perfekt. Wie beim Zahnarzt, wenn alle Schmerzen wie ausgelöscht sind. Als professioneller Nörgler nörgle ich ja nur mit guter Beweislage. Also nix mit Reklamation.
Irgendwann dann gab das gute Stück aber dann doch den Geist vollends auf. Wie sollte es anders sein, 2 Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist.
Wir gehen zum Fotofachhandel. Der hat so eine Kamera bereits einmal irgendwo gesehen, also von Fachkompetenz natürlich keine Spur. Er rät uns, das Gerät an den Hersteller einzusenden. Soviel zum Thema: Fachberatung im Fachgeschäft.
Wir suchen im Internet die Adresse der Servicestelle des Herstellers, schicken auch nochmals einen Fehlerbefund und erhalten als einzige Empfehlung die Adresse der Reparaturannahme.
Wir schicken die Kamera dorthin und erhalten zwei Wochen später einen Kostenvoranschlag in der Höhe von 83,19 Euro. Die Objektiveinheit (Lens unit) sei defekt.
83 Euro ist mir zu viel, da eine neue Kamera rund 200 Euro kostet und natürlich viel höhere Auflösung und mehr Leistung (Features) hat, als meine alte Kamera. Ich frage an, ob man mir nicht ein günstiges Angebot machen könnte, wenn ich eine neue Kamera kaufe und die alte zurückgebe. Trade-In nennt man dieses Verfahren, um Kunden zu halten und eben nicht an die Konkurrenz zu verlieren.
NEIN – sagt der zuständige Mensch, er sei nur für die Reparatur zuständig und mit Verkauf habe er nichts zu tun.
JA – sage ich, das kann ich mir schon vorstellen, aber können sie mich nicht mit jemanden verbinden, der mir ein gutes Angebot machen kann, bevor ich zu Konkurrenz wechsle.
NEIN.
Schade eigentlich. Wir brauchen nicht nur für uns, sondern auch in unseren Projekten (z.B.: Bildarchiven) immer wieder eine Kamera. CASIO wird es also in Zukunft nicht sein. Schade eigentlich. Mir hat diese Kamera viel besser gefallen, als alle Konkurrenzprodukte. Als Unternehmensberater denke ich natürlich an den Chef der Firma. Ob er weiß, dass seine Mitarbeiter ohne Begeisterung zum Kunden agieren, oder ob diese Einstellung zum Kunden gar von oben angeordnet ist?
Und ich denke darüber nach, wie lange man braucht, um einen neuen Kunden zu gewinnen und wie schnell es geht, dass einer wieder weg ist.
Ich ersuche um Rücksendung, weil ich, wie ich dem Herrn vom Service sage, die Ersatzteile aus der Kamera ausbauen will und an Interessierte verkaufen werde. Was natürlich völliger Unsinn ist. Auf alle Fälle aber will ich nicht, dass CASIO meine Ersatzteile nutzen kann, was vermutlich auch Unsinn ist.
NEIN.
Betrübt sitze ich im Büro, als die Retoursendung eintrifft. Ich betrachte nochmals das Schreiben:
Unrepariert zurück.
Im Brieffuß lese ich, wer die Verantwortlichen der Firma sind. Dabei fällt mir der Name einer der Geschäftsführer, Herr Hiroshi Nakamura, auf. Dass die Japaner eine sehr starke Kundenbindung haben, wissen wir alle. Und dass die Japaner wohl anders regiert hätten, als die unterkühlten Hamburger (Norderstedter eigentlich, schon wieder Norderstedter. Siehe: Books to deny), wird wohl jedem klar sein.
Ja – der Rest, das können Sie sich bereits gut vorstellen, ist: Standard Operating Procedure. Standard-Verfahren.
Ich versuche die Adresse des Präsidenten von CASIO Tokyo ausfindig zu machen und schicke ihm mein Anliegen.
Ob es nicht besser wäre, mit einem pfiffigen Trade- In den Kunden zu halten. Die neue Kamera muss ja nicht verschenkt oder unterpreisig verkauft werden, nein, mit etwas Marketing-Geschick kann man sogar eine weit teurere Kamera mit ein wenig Rabatt verkaufen. Soweit mein Vorschlag. Damit habe ich auch mein Gewissen beruhigt, als Betriebsberater mein geballtes Wissen nicht für mich alleine zu behalten, sondern auch die Welt daran ein wenig partizipieren zu lassen. Eine wunderschöne Phrase und auch Geste, meine ich.
Bei allem Spaß am Provozieren, Ätzen und Ausloten des Machbaren: Mit einer Antwort habe ich nicht gerechnet.
Ehrlich!
Am 1.10.2008 ereilt mich eine Mail, in der die Service-Leitung von CASIO aus Norderstedt mir eine Reparatur der Kamera auf Kulanz anbietet. Gratis sozusagen.
Herr Kazuo Kashio, Präsident von CASIO Tokyo, hat die Leute in Norderstedt „gebeten“, sich doch um diesen Kunden zu kümmern.
Die Kamera wurde mittlerweile repariert und ich: Ein vollkommen glücklicher Kunde. Und erstmals wirklich überrascht.
Vielleicht ist sie ja doch ganz in Ordnung, diese Welt. Und es gibt gar keinen Sägezahn ...
NACHTRAG aus ganz aktuellem Anlass:
Leider hat die Kamera nach nur 2500 Bildern wieder den Geist aufgegeben. Nach Einsendung der nunmehr längst außerhalb der Gewährleistung befindlichen Kamera haben wir eine NEUE Ersatzkamera erhalten.
Das hätte CASIO nicht tun müssen, hat es aber getan. Damit haben sie auf alle Fälle einen voll überzeugten Kunden und jeder der diese Geschichte liest, wird beim nächsten Kamerakauf vielleicht diese Erfahrung bei der Kaufentscheidung mit berücksichtigen.
Danke CASIO.
Danke Herr Kazuo Kashio.
eigentlich ein Werbespruch für alkoholfreies Bier der Marke Clausthaler